Schutz für Rübe UND Biene

30. Apr 2021

Jeder, der schon einmal mit der Handhacke auf einem Rübenacker unterwegs war, kennt den Anblick: blitzsaubere Rübenpflanzen und zerfressene, vor Blattläusen starrende Unkräuter in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander. Über drei Jahrzehnte war das so, weil während dieser Zeit der Rübensamen mit einer neonicotinoiden Beizschicht umhüllt werden durfte, dank derer die junge Pflanze vor Fraßfeinden geschützt ins Leben starten konnte.

Seit dem Verbot von Neonicotinoiden im Freilandeinsatz hat sich dieses Bild gewandelt: In den letzten beiden Jahren standen Rüben und Unkräuter wieder gleichermaßen geschädigt und befallen nebeneinander. – WENN sie denn noch standen und nicht direkt nach dem Auflaufen von Drahtwurm, Erdfloh & Co. komplett vernichtet wurden. Schlimmer noch allerdings war der jetzt fehlende Schutz auch gegen Blattläuse, die die jungen Rübenpflanzen zwar nicht „auffressen“, sie aber mit einem gefährlichen Virus infizieren können. Die teils flächendeckend gelb verfärbten Zuckerrübenbestände vor allem im letzten Jahr machten diese dramatische Infektion auch nach außen deutlich sichtbar.

Deshalb wurde der Einsatz der neonicotinoiden Rübenbeize 2021 wieder über eine – mit hohen Auflagen und einer deutlich reduzierten Wirkstoffmenge verbundene – Notfallzulassung genehmigt. Das war v.a. auch deshalb möglich, weil es in drei Jahrzehnten Einsatz im Zuckerrübenanbau dadurch nie auch nur einen Fall von Bienenschädigung gegeben hat. Denn Zuckerrüben blühen nicht und werden somit von Bienen gar nicht erst angeflogen. Auch die Aufnahme des Mittels über Guttationswasser ist bei Zuckerrüben so gut wie ausgeschlossen, denn Zuckerrübenpflanzen neigen nicht zur Ausscheidung von Wasser in Form von Tropfen.

Außerdem ist Neonic nicht gleich Neonic. So ist z.B. der im Rahmen der aktuellen Notfallzulassung eingesetzte neonicotinoide Wirkstoff Thiametoxam um ein Vielfaches weniger giftig als beispielsweise der in Flohhalsbändern verwendete neonicotinoide Wirkstoff Imidacloprid (mit dem im Übrigen auch die zweifelhaften Versuche an Vögeln mittels Zwangsverabreichung per Schlundsonde durchgeführt wurden). Die Rückstände von Thiametoxam bauen sich in den typischen europäischen Rübenböden schnell zu sehr geringen Konzentrationen ab (Halbwertszeit ca. 35 Tage, ähnlich auch für die Abbauprodukte), sodass die Halbwertszeit selbst bei ungünstigen Bedingungen maximal 3 Monate beträgt. Nach einem Jahr liegt die Konzentration also bereits bei unter 8 % der Ausgangskonzentration.

Die fehlende Gefahr für Bienen zeigt sich aktuell jetzt auch wieder für jeden, der genauer hinschaut, ganz offensichtlich in den diesjährigen neonic-gebeizten Rübenbeständen: Da ist er wieder, der alte Anblick, wo befallene Unkräuter (bzw. – wie hier im Bild – Ausfallraps) unmittelbar neben blitzsauberen Rübenpflanzen stehen, und der somit deutlich macht, wie punktuell die schützende Neonic-Beize eben nur bei der – bienenunattraktiven – Rübe wirkt.

Die im Zuckerrübenanbau eingesetzte neonicotinoide Beize schützt also Rüben und Bienen gleichermaßen. Und das muss auch so sein, denn die Biene liegt als unverzichtbarer Teil unseres Ökosystems Imkern und Landwirten gleichermaßen und ganz besonders am Herzen!