Das steckt hinter den Bauernprotesten

10. Feb 2021

Tausende Bauern im ganzen Land demonstrieren aktuell gegen das geplante „Insektenschutzgesetz“. Warum ist das so? Was sind die Hintergründe?

Diese sind in jedem Fall sehr viel differenzierter als es die allgemeine öffentliche Berichterstattung erscheinen lässt, die sich leider allzu oft – dem Zeitgeist geschuldet – mehr oder weniger auf plakative, einfache Schlagzeilen beschränkt, ohne wirklich in die Tiefe zu gehen. Aber die Welt im Allgemeinen und die Landwirtschaft im Speziellen ist nun einmal nicht Schwarz-Weiß; sie ist – im Gegenteil – extrem komplex, alles ist miteinander verflochten. Einfach formulierte und mundgerecht servierte „Nachrichtenhäppchen“ werden dieser Komplexität nicht gerecht. Und sie führen im schlimmsten Fall dazu, dass eine falsche Meinungsbildung entsteht und auf Grundlage dieser falschen Meinungsbildung falsche politische Entscheidungen getroffen werden.

Vor diesem Dilemma stehen aktuell unsere LandwirtInnen. Wie können sie ihre Anliegen einer breiten, an mundgerechte Nachrichtenhäppchen gewöhnten Bevölkerung „einfach rüberbringen“, wo sie doch nun mal in einem System arbeiten, bei dem, wenn ich auf einer Ebene an einer Schraube drehe, sich auch zahlreiche Schrauben auf Ebene zwei und drei und zehn – ggf. in ganz und gar gegenläufige und unerwünschte Richtungen – verändern? Das funktioniert nicht in einem einzigen „mediengerechten“ Satz. Denn hier gibt es keine einfachen Antworten. Hier sind wir auf saubere – aber eben auch komplizierte – Folgenabschätzungen angewiesen, die alle Ebenen, nicht nur die offensichtliche erste Ebene, mit einbeziehen. Und dazu braucht es die Bereitschaft, in die Tiefe zu gehen und sich mit komplexen Fragestellungen auseinanderzusetzen.

Es ist einfach, Menschen mit emotional aufgeladenen Angstbildern, plakativen Slogans und schlichten Gut-Böse-Szenarien zu erreichen. Aber man macht es sich damit eben auch ZU einfach. Denn dadurch wird eine Eindimensionalität vorgetäuscht, die nichts mit unserer hochkomplexen Realität zu tun hat. Unsere LandwirtInnen können komplex. Deshalb müssen sie mitreden! Und deshalb muss man ihnen zuhören! Diese Erkenntnis setzt sich erfreulicherweise aktuell auch bei immer mehr Politikern durch, die sich jetzt an der Seite der LandwirtInnen positionieren.

Wenn wir Fortschritte für die Umwelt erzielen wollen, müssen wir mehr Wissen und neue Methoden entwickeln. Aber gleichzeitig müssen wir auch anerkennen, was schon verbessert wurde bzw. wo man auf einem guten Weg ist. Wer statt auf Dialog auf neue Verbote oder falsche Fakten setzt, zerstört das Erreichte und verhindert Fortschritt für Umwelt und Bauern.

Worum also geht es den LandwirtInnen in der aktuellen Diskussion um das Insektenschutzgesetz? Was genau sind die Beweggründe für ihren Protest? – Das hat Tobias Diehl, Junglandwirt aus Ingelheim, der sich in seinem Betrieb bereits seit Jahren im kooperativen Ansatz für mehr Biodiversität engagiert, in einem Offenen Brief wunderbar differenziert herausgearbeitet. Die Schilderung seiner persönlichen Betroffenheit steht dabei stellvertretend für die Situation vieler tausend Landwirtsfamilien. Prädikat: besonders wertvoll und absolut lesenswert!