Seien Sie kritisch – aber richtig!

16. Feb 2021

In den aktuellen Diskussionen um das „Insektenschutzgesetz“ oder auch die Notfallzulassung der Rübenbeize Cruiser 600 FS wird es von gewissen Interessensgruppen gerne so dargestellt, als ob die Bauern nicht wirklich verstehen würden, worum es geht. Dabei sind es in Wahrheit o.g. Interessensgruppen, die das Entscheidende nicht verstehen: nämlich, dass das gesteckte Ziel von mehr Umwelt-/Insekten-/Bienenschutz mit einer reinen Schwarz-Weiß-Politik und „totalen Verboten“ nicht erreicht wird, nicht erreicht werden KANN. Weil die Antworten hier zu einfach, zu eindimensional sind und Auswirkungen auf andere/n Ebenen viel zu wenig bis gar nicht berücksichtigen. Und weil dadurch unterm Strich mehr Schaden angerichtet als Gutes getan wird – auch und insbesondere für die Umwelt.

Die Bauern bezweifeln also nicht das Ziel als solches, sie bezweifeln, dass der Weg der o.g. Interessensgruppen zur Erreichung dieses Ziels der richtige ist. Und sie haben gute, wissenschaftlich belegbare Gründe dafür. Aber anstatt sich konstruktiv mit diesen Gründen auseinanderzusetzen, wird einfach immer und immer wieder mehr oder weniger subtil suggeriert, dass die Bauern schlicht zu unverständig wären, um „das Richtige“ zu tun. – So sieht keine ehrliche Kommunikation und schon gar kein Dialog auf Augenhöhe aus!

Unsere heimische Landwirtschaft hat sich in den letzten Jahren – auch durch und dank umweltpolitischer Impulse und eines konstruktiven Dialoges – kontinuierlich hin zu einer umweltschonenderen Wirtschaftsweise entwickelt. Das Niveau zum Schutz des Anwenders und der Umwelt ist heute so hoch wie nie!

Keine Frage: Was schlecht oder noch nicht gut genug läuft, muss verbessert werden! Aber gleichzeitig müssen wir auch anerkennen, was schon verbessert wurde bzw. wo man auf einem guten Weg ist. Und solche guten Wege sollte man auch weitergehen dürfen, MUSS man auch weitergehen. Forderungen nach einer „totalen Wende“ sind hier unangebracht und letztlich kontraproduktiv.

Deshalb: Lassen Sie uns kritisch hinterfragen! Unbedingt! Aber lassen Sie uns ALLE Seiten, alle „Parteien“, hinterfragen. Und lassen Sie uns das vor allem ohne ideologische Scheuklappen tun. Impulse aus der „Umweltlobby“ (Ja, auch das ist eine Lobby, und durchaus eine notwendige! -> Siehe HIER) sind wichtig. Aber Impulse aus der „Agrarlobby“ sind es ebenso.

Das Miteinander, das Ringen um gegenseitiges Verständnis, das Voneinander-Lernen – das bringt die Welt weiter, keine einseitigen, ideologisch geprägten „totalen Verbote“. Wer in einer komplexen Welt voller Grautöne nur Schwarz-Weiß agiert, der lässt keinen Fortschritt zu, weil er keine neuen Erkenntnisse, keine Meinungen, Haltungen, Erfahrungen außer der eigenen zulässt. Wer die Welt nur in Schwarz-Weiß, in „Gut“ und „Böse“ malt, der hat sie nicht verstanden. Und wer auf dieser Grundlage politische Entscheidungen trifft, handelt grob fahrlässig.

Wie brandgefährlich es ist, wenn Ideologie über alles gestellt wird, wenn Soziales, Ökologie und Ökonomie gegeneinander ausgespielt und Stoffe per se als „böse“ eingestuft werden, und warum Armut das größte Umweltproblem ist, das zeigt Greenpeace-Mitbegründer Patrick Moore in diesem sehr lesenswerten Interview auf.

Hinterfragen wir deshalb nicht zuletzt auch immer wieder uns selbst und unsere Überzeugungen. Und seien wir auf der Hut, sobald wir dabei feststellen, dass sich unsere Überzeugungen in „absolute Überzeugungen“ gewandelt haben. Denn die einzig sinnvolle, die einzig ungefährliche absolute Überzeugung ist, dass wir uns vor absoluten Überzeugungen in Acht nehmen müssen!